EU-Führerscheinurteile

Die wichtigsten EU-Führerscheinurteile wurden hier von 2013 – 2004 chronologisch erfasst: Seit dem bekanntwerden vom so genannten Führerscheintourismus, ergaben sich auch dadurch sehr viele Urteile rund um den EU-Führerschein. Zentrales Thema ist immer der Wohnsitz, die Einhaltung der Sperrfrist und die Fahreignung (MPU). Wir haben hier einige Führerscheinurteile zusammengefasst und wünschen Ihnen viel Spaß beim lesen. Sollten Sie Fragen zu den jeweiligen Urteilen haben, buchen Sie gerne das kostenlose Erstgespräch. Unsere Anwälte arbeiten mit uns sehr eng zusammen und stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Mittlerweile hat der EUGH schon sieben mal für den EU-Führerschein ohne MPU geurteilt. Deutschland hat jedes mal eine volle Pleite hingelegt und das zu Recht – das heißt freie Fahrt für den Führerschein ohne MPU, nur erhalten müssen Sie ihn noch!

7. EUGH URTEIL vom 26.04.2012 C‑419/10 zur VGH München Vorlage an den EUGH   

Die siebte Pleite für Deutschland – Der EUGH weist Deutschland die Schranken! –> Nun ist es amtlich, Deutschland muss bei einer bestehenden MPU-Auflage einen neuerworbenen ausländischen EU-Führerschein auch nach dem 19.01.2009 anerkennen. Doch lesen Sie selbst das EUGH Urteil zur VGH München Vorlage:

Die Art. 2 Abs. 1 und 11 Abs. 4 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung) sind dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehren, die Anerkennung der Gültigkeit des einer Person, die Inhaber einer ihr in seinem Hoheitsgebiet entzogenen früheren Fahrerlaubnis war, außerhalb einer ihr auferlegten Sperrfrist für die Neuerteilung dieser Fahrerlaubnis von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins auch dann abzulehnen, wenn die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes im Hoheitsgebiet des letztgenannten Mitgliedstaats eingehalten wurde. 

QUELLE: EUGH URTEIL 26.04.2012:  Hier das Urteil

6. EUGH URTEIL AZ. C‑467/10 zum 19.01.2009 am 01.03.2012

Ein ausgestellter  EU-Führerschein nach dem 19.01.2009 ohne MPU, muss trotz MPU-Auflage anerkannt werden – wenn ein ordentlicher Wohnsitz im Erteilungsland vorgelegen hat!

Vorlage des Landgericht Gießen an den EUGH – es geht um die Anerkennung eines im EU Ausland erworbenen EU Führerscheins, der trotz MPU-Auflage im EU Ausland erworben wurde und nach dem 19.01.2009 erteilt wurde.

Bisher hat Deutschland in den meisten Bundesländern z.B.: Bayern, Baden Württemberg, NRW, Niedersachsen etc. einen EU-Führerschein der im EU Ausland erworben wurde, nur deshalb aberkannt, weil dieser nach dem 19.01.2009 erteilt wurde. Ab diesem Datum gilt ein Paragraph 11/4 in der neuen 3. EU Führerscheinrichtlinie, den es zwar fast identisch schon in der 2. EU FS Richtlinie gab und besagt, dass wenn „auf Deutsch“ eine MPU Auflage besteht und ein anderer EU- Staat einen Führerschein erteilt, dieser in Deutschland nicht anerkannt werden muss!

Jedoch hat der EUGH diesen Paragraph in der 2.EU FS Richtlinie, der bis zum 18.01.2009 galt, soweit eingeschränkt, das dieser praktisch nicht anwendbar war. Ab dem 19.01.2009 galt der neue Paragraph 11/4 der 3.EU-Führerscheinrichtlinie, der im Kern der selbe geblieben ist, jedoch war es eben ein „NEUER“ Paragraph und für die meisten Bundesländer gut genug, trotz der bisherigen Rechtsprechung des EUGH einen ausländischen EU-Führerschein, der nach dem 19.01.2009 trotz deutscher MPU Auflage im EU Ausland erteilt wurde abzuerkennen. Dies ist jetzt nicht mehr möglich!

Laut EUGH Urteil vom 01.03.2012 ist in diesem Punkt die „alte“ 2. EU-Führerscheinrichtlinie auf die neue 3.EU-Führerscheinrichtlinie übertragbar. Dies bedeutet, das ein ausländischer EU-Führerschein auch nach dem 19.01.2009 mit ordentlichem Wohnsitz erteilt, trotz deutscher MPU Auflage in allen Bundesländern von Deutschland anerkannt werden muss. 

QUELLE: EUGH URTEIL 01.03.2012: KLICK

5. EUGH Beschluss C‑445/08 , Wierer: Vorlage des VGH Mannheim an den EUGH vom 09/2008

BESCHLUSS vom 09.07.2009 veröffentlicht am 16.09.2009 zum deutschen Argument „SCHEINWOHNSITZ“

Polnischer EU-Führerschein trotz MPU Auflage und bei gleichzeitigem deutschen und polnischem Wohnsitz nach der Sperrfrist erworben, muss von Deutschland anerkannt werden.

QUELLE: EUGH Beschluss 09.07.2009: Hier das Urteil

4. EUGH Urteil C-329/06 vom 26.06.2008 Anerkennung Fall Wiedemann, Funk:

Ein in Tschechien erworbener EU Führerschein muss trotz MPU Auflage in Deutschland anerkannt werden. Verbot die Nutzung des tschechischen Führerscheins zu Untersagen.

Begründung: Rechtsmissbrauch, der Führerschein wurde nur zur Umgehung der MPU erworben. Dieser Ansicht folgte der EUGH nicht! EU Führerscheine mit einem entsprechendem ausländischen eingetragenen Wohnsitz, müssen laut dem EUGH in Deutschland anerkannt werden. Dieses Rechtsmissbrauchsargument wurde vom EUGH gekippt. Deutschland konnte jedoch einen Teilerfolg verbuchen! Ist in einem EU Führerschein ein deutscher Wohnsitz eingetragen, muss eine Deutsche Behörde, solch ein ausgestellter EU Führerschein nicht mehr anerkennen.

QUELLE: EUGH Urteil 26.06.2008: Hier das Urteil

3. EUGH Beschluss C-340/05 vom  28.09.2006 Anerkennung Fall Kremer:

Ein nicht in der Sperrzeit erworbener EU Führerschein ohne MPU, muss trotz MPU-Auflage, anerkannt werden.

QUELLE: EUGH Beschluss 28.09.2006: Hier das Urteil

2. EUGH Beschluss C-227/05 vom  06.04.2006 Anerkennung Fall Halbritter:

Nachträgliche MPU Auflage auf neu erworbenen ausländischen EU Führerschein ist nicht rechtens. Umschreibung in einen deutschen Führerschein möglich. Eine solch erworbene ausländische Fahrerlaubnis, muss von Deutschen Behörden umgeschrieben werden.

QUELLE: EUGH Beschluss 06.04.2006: Hier das Urteil

1. EUGH Urteil C-476/01 vom 29.04.2004 Anerkennung Fall Kapper:

Verstoß gegen die 185 Tage Wohnsitzregelung – Fahren ohne Fahrerlaubnis, Deutschland muss trotz den Verstößen den ausländischen EU-Führerschein anerkennen. EU-Führerschein darf nur vom Ausstellerstaat entzogen werden.

QUELLE: EUGH Urteil 29.04.2004: Mehr dazu ...

Rechtlicher und geschichtlicher Verlauf zum EU-Führerschein

Zwar entschied der EUGH am 29.04.2004:

AZ C-476/01 – Auszug:

„ … Ist nämlich die Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bereits abgelaufen, so verbietet es die Richtlinie [91/439/EWG] diesem Mitgliedstaat, weiterhin die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins, der dem Betroffenen später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist, abzulehnen. …“

Doch im Widerspruch dazu versuchten die deutschen Behörden fallweise eine sogenannte „Nutzungsuntersagung“ für ausländische EU-Führerscheine durchzusetzen. In keinem der diesbezüglich in Deutschland anhängigen Verwaltungsgerichtsverfahren erging bis zum heutigen Tage ein rechtskräftiges Urteil in der Hauptsache.

Dass es für die Betroffenen möglich ist, sich erfolgreich zu wehren, zeigten schon die folgenden Urteile mehrer Oberlandesgerichte:

OVG Koblenz, 12. Mai 2003, AZ: 7 B 10649 / 03:

„ … kommt der Senat nämlich zu dem Ergebnis, dass sie in § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 der Fahrerlaubnisverordnung – FeV – keine Rechtsgrundlage findet. Von daher überwiegt das private Interesse des Antragstellers daran, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu können …

… Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Anordnung, wegen der vor

der Wiedererteilung liegenden alkoholbedingten Verkehrsauffälligkeiten ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, nicht gerechtfertigt war und ihre Nichtbefolgung dementsprechend auch nicht den Schluss auf die Nichteignung des Antragstellers zuließ. …“

VVGH Mannheim, 21.06.2004, AZ 10 S 308/04:

… Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18. Dezember 2003 – 9 K 2455/03 – geändert. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird festgestellt, dass die Antragstellerin vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens … …auf der Grundlage ihres italienischen Führerscheins in der Bundesrepublik Deutschland befugt ist, Kraftfahrzeuge im Rahmen der Berechtigung ihres italienischen Führerscheins zu führen. …

… Sind danach Behörden der Bundesrepublik Deutschland wegen der aus der Richtlinie 91/439/EWG folgenden und durch § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV grundsätzlich in deutsches Recht umgesetzten Verpflichtung zur Anerkennung des im Jahr 1978 ausgestellten und noch bis zum 12.08.2009 gültigen italienischen Führerscheins nicht berechtigt, unmittelbar gegenüber der Antragstellerin die Unrechtmäßigkeit der Erteilung dieses Führerscheins … …geltend zu machen, ist die Antragstellerin ihrerseits befugt, im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik im Rahmen der Berechtigung ihres italienischen Führerscheins Kraftfahrzeuge zu führen. …“

OVG Koblenz , 4.Mai 2005, AZ: 7 B 10431/05.OVG:

„… Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 4. März 2005 – 3 L 253/05.NW – wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung der Antragsgegnerin vom 10. Dezember 2004 wiederhergestellt. …

… Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EUGH (aaO), der hervorhebt, dass die gegenseitige Anerkennung der Führerscheine unmittelbaren und mittelbaren Einfluss auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und die Gewährleistung des freien Dienstleistungsverkehrs hat, überwiegen die Interessen des Antragstellers, vorläufig von seiner griechischen Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu dürfen. …“

OVG Koblenz , 15.August 2005, AZ: 7 B 11021/05.OVG:

„… Der Umstand , dass der Antragsteller im vorliegenden Verfahren vor Erteilung der EU-Fahrerlaubnis in Tschechien infolge einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer MPU aufgefordert worden war und im Hinblick auf das negative Ergebnis des zunächst erstellten Gutachtens auf die Fahrerlaubnis verzichtet hatte, steht daher der Anerkennung der später erteilten EU-Fahrerlaubnis nicht entgegen. …

… vielmehr bleibt es aufgrund der erkennbaren Rechtslage bei einer Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers, weiter von der EU-Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu können; erst ein nachträgliches Auffällig werden gibt der Behörde Gelegenheit zu einem Einschreiten auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie [91/439/EWG]. …“

In erster Instanz

Diesem Trend der Rechtsprechung folgend, haben unter anderem die Verwaltungsgerichte in Chemnitz und Frankfurt am Main dem Widerspruch von Betroffenen gegen die nachträgliche Anordnung einer MPU stattgegeben – ein weiterer klarer Etappensieg!

EUGH – die Zweite

Doch der VGH München ging einen Schritt weiter und hat mit Beschluss vom 4. Mai 2005 (AZ: M 6a K 04.1) dem Europäischen Gerichtshof nochmals die Frage zur Beantwortung vorgelegt, ob ausländische EU-Führerscheine denn nun uneingeschränkt in Deutschland gültig sind oder nicht. Der EuGH reagierte verhältnismäßig schnell und erteilte dem Versuch der deutschen Justiz, EU-Recht zu unterlaufen, am 29. Mai 2006 spürbar gereizt – eine klare Absage. Wieder ein Sieg!

Urteil C-227/05 – Auszug:

„ … Nach gefestigter Rechtsprechung sieht Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 91/439 die gegenseitige Anerkennung der von Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor und erlegt den Mitgliedsstaaten eine klare und unbedingte Verpflichtung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen. …

… [Diese Richtlinie] verwehrt es einem Mitgliedsstaat, das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund eines in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheines … … nicht anzuerkennen, …“

Deutlicher geht es nicht. In vielen Fällen haben deutsche Verwaltungsgerichte deshalb bereits reagiert und Ihre fehlerhaften Entscheidungen korrigiert. Natürlich kann auch künftig niemand von Brüssel aus rechtswidrige Handlungen deutscher Verwaltungsbehörden verhindern. Hier bleibt dann nur ein juristisches Vorgehen im Einzelfall. Die Erfolgsaussichten dabei sind hervorragend.

Aber auch die Legislative hat gehandelt. Nach jahrelangem Ringen ist es den EU-Mitgliedsstaaten nun am 18. September 2006 endlich gelungen, einen gemeinsamen Standpunkt zur Dritten EU-Führerscheinrichtlinie zu finden. In Kraft getreten ist die Richtlinie am 20. Tag (19.01.2007) nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union. Die Kernaussagen lauten:

„Vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilte oder erworbene Fahrerlaubnisse sollen unberührt bleiben.“

„Die von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine werden gegenseitig anerkannt.“

„Eine bis 6 Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens dieser Richtlinie erteilte Fahrerlaubnis darf aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie weder entzogen noch in irgend einer Weise eingeschränkt werden.“